Die Perfektionismus-Falle. So kannst du ihr entkommen.

Die Perfektionismus Falle

Viele berufstätige Mütter haben extrem hohe Ansprüche an sich. Sie wollen im Job und Privatleben alles perfekt machen. Und was ist eigentlich schlecht daran?  Ist es nicht gut, wenn wir Dinge besonders gut machen wollen? Oder machen wir uns mit unserem Perfektionismus kaputt und ab wann ist das tatsächlich gesundheitsschädigend? Genau um diese Fragen und was wir gegen unseren Perfektionismus tun können, geht es in diesem Artikel.

Perfektionisten hohe Ansprüche an sich und hassen Fehler. Perfektionismus ist aber nicht gleich Perfektionismus. Es gibt funktionale und dysfunktionale Perfektionisten. Was verbirgt sich dahinter?

Funktionaler Perfektionismus

Wenn du zu den funktionalen Perfektionisten gehörst, kannst du aufatmen. Dann gehörst du zwar zu den Menschen, die grundsätzlich alles richtig gut machen wollen, doch du stellst dich nicht komplett in Frage, wenn du mal einen Fehler machst oder nicht alles nach Plan verläuft. Du gestehst dir quasi auch mal ein „Scheitern“ zu und lebst nicht in ständiger Angst vor Fehlern. Und ganz besonders wichtig: du schaffst es, dir zwischendurch Erholungsphasen zu gönnen.

Dennoch solltest du auf dich achten und dein Tun kritisch unter die Lupe nehmen. Gerade wenn du perfektionistisch veranlagt bist, in einer Führungsfunktion arbeitest, Unternehmerin bist oder die ganze Familienorganisation alleine managest, solltest du darauf achten, mit welchem Gefühl du durch dein Leben läufst? Bist du der Meinung alles selbst machen zu müssen, weil nur du es am besten kannst oder kannst du auch Tätigkeiten abgeben?

Perfektionisten fällt es nämlich sehr schwer, Aufgaben abzugeben und sich Unterstützung zu holen. Gerade im Job und Familienalltag ist das aber für Mütter essentiell, um nicht irgendwann kurz vor einem Burnout zu stehen.

Deshalb: mach deine Ansprüche nicht zum allgemeingültigen Standard. Lass los und gib Aufgaben ab. Geh davon aus, dass im Job deine Mitarbeiter oder in der Familie dein Partner, ein Babysitter, eine Haushaltshilfe oder eine Freundin Aufgaben gut erledigen können. Sieh es als Chance für dich zu sorgen und dir Freiräume zu schaffen. Dein Umfeld wird es dir danken. Übrigens auch deine Kinder. Sie sind neugierige Wesen und freuen sich, wenn sie auch mal mit Menschen zusammen sind, die die Dinge anders machen.

Wie du das Abgeben am besten schaffst, erfährst du weiter unten in diesem Artikel.

Dysfunktionale Perfektionismus

Auch die dysfunktionalen Perfektionisten haben hohe Ansprüche an sich und wollen immer und ständig perfekt sein. Gleichzeitig fürchten sie aber nichts mehr als Fehler. Klappt etwas nicht so, wie sie es sich vorstellen, stellen sie sich in ihrer Gesamtheit in Frage und geben sich die Schuld für diese Situation. Sie leben in einer ständigen Anspannung und Angst, den Erwartungen ihres Umfeldes nicht gerecht zu werden, denn sie gehen davon aus, dass sie nur geliebt werden können, wenn sie überall perfekt sind. Bringen sie nicht die erwartete Leistung, fühlen sie sich wertlos und nicht würdig, von andern geliebt und wertgeschätzt zu werden. Dieses Verhalten und die dazugehörigen Gefühle, können so extrem und zwanghaft sein, dass eine Therapie notwendig ist. Solltest du das Gefühl haben, dass du dich in einem solchen Kreislauf befindest und starke Erschöpfungssignale von deinem Körper empfangen, dann solltest du unbedingt einen Arzt aufsuchen und dich beraten lassen.

Gesundheitliche Gefahren

Perfektionismus kann schnell gesundheitsschädlich werden. Denn Perfektionisten können schlecht „Nein“ sagen, weil sie der Meinung sind, dass sie alles am besten können. Dadurch halsen sie sich zu viel auf und brauchen oft auch viel länger für eine Sache, weil sie einen zu hohen Anspruch an das Ergebnis haben. Das wiederum hat zur Folge, dass andere Sachen liegenbleiben und erneut Stress verursachen. Ein wahrer Teufelskreis entsteht, der in einem kompletten Erschöpfungszustand oder Burnout enden kann. Körper und Geist befinden sich in ständiger Anspannung und es wird ihnen keine Zeit für Erholung eingeräumt.

Perfektionsfalle

Wodurch entsteht Perfektionismus?

Perfektionistisches Denken und Handeln hängt oft mit den Erfahrungen und Glaubenssätzen, die wir in der Kindheit gemacht bzw. gebildet haben, zusammen. Wenn wir beispielsweise mit Eltern aufwachsen, die uns das Gefühl des „Geliebt-Seins“ vor allem dann geben, wenn wir besonders hohe Leistungen erbringen, prägen wir uns ein: „Ich bin nur wertvoll, wenn ich alles richtigmache.“ Wir lernen dann nicht, dass Fehler uns auf unserer Entwicklung begleiten und gut sind, damit wir dazulernen und uns weiterentwickeln können.

Aber auch Erfahrungen mit anderen engen Bezugspersonen, in der Schule oder in der Ausbildungszeit, können zu Einstellungen führen, die uns im späteren Leben einen „inneren Antreiber“ zur Seite stellen, der uns immer wieder zu Höchstleistungen antreibt. Wichtig ist daher herauszufinden, nach welchen Überzeugungen wir handeln, welche Gedankenspiralen in uns ablaufen und wann sich diese Grundeinstellungen oder Glaubenssätze in uns gebildet haben. Denn nur dann können wir etwas gegen das „Ich muss perfekt sein“ tun. Ein paar Tipps, wie du das erreichen kannst, findest du im übernächsten Absatz.

Das Mütter Problem

Gerade Mütter sind in vielen herausfordernden Rollen unterwegs und gesellschaftlichen Anforderungen ausgesetzt. Wir glauben gerne, dass wir nur arbeiten dürfen, wenn wir auch den Haushalt und die Kinder perfekt betreuen. Wir fangen schon in der Schwangerschaft an, keine Rücksicht auf uns zu nehmen, weil das ja „keine Krankheit“ ist.

Der Arbeitgeber findet es zwar gut, dass wir eine Familie haben, aber bitte keine kranken Kinder. Wenn wir Vollzeit arbeiten, werden wir gefragt, wer denn unsere Kinder betreut, entscheiden wir uns gegen den Job sind wir schnell aus dem beruflichen Rennen oder werden mitleidig angeguckt, weil wir „nur“ Mütter sind.

Egal, was und wie wir etwas tun, irgendjemand findet es falsch und so versuchen wir überall perfekt zu sein, um keine Angriffsfläche zu bieten.

Doch ganz ehrlich? Für wen oder was möchtest du leben? Lebst du, um es allen recht zu machen oder lebst du, um später einmal auf die vielen glücklichen Momente zurückblicken zu können? Ich hoffe, du entscheidest dich für letzteres. Dann können dir die folgenden Tipps bestimmt helfen, deine Ansprüche an dich etwas runterzuschrauben.

Was kannst du gegen deinen Perfektionismus tun?

1. Glaubenssätze aufspüren

Finde heraus, welche Gedanken deinen Perfektionismus antreiben. Beobachte dazu deine Gedanken. Was denkst du über dich? Was musst du deiner Meinung nach leisten? Wie fühlst du dich, wenn du einen Fehler machst? Was denkst du in einer solchen Situation über dich?

Es ist wichtig, erst einmal heraufzufinden, was wir tatsächlich über uns denken, welche Glaubenssätze also in uns verankert sind.

Wenn du das herausgefunden hast, drehe die Sätze für dich ganz bewusst um und sage sie dir innerlich immer wieder, insbesondere, wenn du merkst, dass der alte Gedanke in dir aufkommt. Das wird dir sicherlich am Anfang schwerfallen, doch je öfter du es übst, desto mehr wirst du verinnerlichen, dass du auch gut bist, wenn du mal nicht perfekt bist. Mehr zum Thema Mindset findest du auch hier.

2. Versuche Fehler als Chance zu sehen

Ohne „Try and Error“ wären viele bahnbrechende Erfindungen nicht möglich gewesen. Versuche zu verinnerlichen, dass dir Fehler die Chance bieten, etwas Neues zu lernen. Heiße sie willkommen. Wann immer ab jetzt etwas nicht klappt, höre auf dich zu verurteilen. Setze dich stattdessen hin und frage dich: „Was kann ich aus dieser Situation jetzt lernen?“

3. Such dir Entspannungsmöglichkeiten

Perfektionismus verursacht Stress. Such dir eine Beschäftigung, die Stress abbaut. Zum Beispiel Spazieren gehen, Yoga, Walken oder Joggen. Gehe spielerisch daran und vermeide dir hier neuen Leistungsdruck aufzubauen. Mach es, weil es dir Spaß macht und nicht, weil du für einen Marathon trainieren willst. Gib hier bewusst nicht 100 Prozent, sondern sei vielleicht schon mit 50 Prozent zufrieden. Es geht darum zu erfahren, dass etwas schön ist und Spaß macht, auch wenn du nicht 100 Prozent gibst. Erlaube dir loszulassen und einfach nur zu genießen.

4. Gib Kontrolle ab

Überlege dir, was du in deinem Job und Familienalltag „outsourcen“ kannst und gebe es ab. Mach dir klar, dass du nicht unersetzlich bist und die Welt im Ernstfall auch ohne dich klarkommen und weiterlaufen wird. Versuch also loszulassen und etwas „wurschtiger“ zu werden. Deine Freunde werden damit klarkommen, wenn dein Haus nicht aufgeräumt ist. Deine Kinder werden es überleben, wenn der Babysitter ihnen auch mal „Junk-Food“ besorgt. Dein Job funktioniert auch, wenn du nicht jeden Tag vor Ort bist und alles kontrollierst. Nimm dich einfach nicht so wichtig, in dem was du meinst leisten zu müssen. Nimm dich lieber so wichtig, in dem du dir überlegst, was dir guttut und dich langfristig gesund hält.

5. Behalte den Fokus

Perfektionisten neigen dazu, sich zu verzetteln, weil sie jedes noch so kleine Detail beachten wollen. Frage dich lieber, was gerade dein Ziel ist. Dann frag dich immer wieder, ob das, was du meinst noch tun zu müssen, auf dieses Ziel einzahlt oder ob es dich eigentlich unnötig aufhält? Was ist gerade wirklich wichtig, ist die alles entscheidende Frage. Und dann mach genau das.

Was du sonst noch gegen Stress tun kannst, findest du auch in meinem Blogartikel „Stress im Mama-Alltag. 12 schnelle Tipps“.

Perfektionismus –  Ein kleiner Test

Hier kannst du ein Gefühl dazu bekommen, ob du eher zu den Perfektionistinnen gehörst oder nicht. Liest dir die Sätze durch. Für jeden Satz, den du innerlich bejahst, gibst du dir einen Punkt.

  • Ich will überall 100 Prozent geben.
  • Ich bin nur mit mir zufrieden, wenn ich sehr gute Leistungen abliefere.
  • Ich achte sehr darauf, was mein Umfeld von mir erwartet.
  • Ich brauche oft sehr lange für Aufgaben, weil ich jedes Detail perfekt haben will.
  • Ich erwarte von meinen Mitmenschen sehr viel.
  • Ich mache viele Dinge lieber selbst, als sie zu delegieren.
  • Ich habe ständig Angst Fehler zu machen.
  • Ich stehe ständig unter Strom.

Auflösung:

0-1 Punkt: Du bist eher keine Perfektionistin. Wenn du einen Satz bejaht hast, überlege, welche Überzeugung dahintersteht. Versuch sie aufzulösen, wie oben beschrieben.

2-5 Punkte: Du neigst dazu perfektionistisch zu sein. Überlege dir, wie du dich gerade fühlst? Tut dir dein Pensum gut? Bist du glücklich und zufrieden in deinem Leben? Such dir einen Bereich, in dem du immer 100 Prozent geben willst und versuche aktiv dort loszulassen. Überlege, was du abgeben kannst oder wer dich dabei unterstützen könnte. Mach mehr von dem, was dir guttut und baue Entspannungsmethoden und Sport in dein Leben ein. Finde heraus, welche Grundüberzeugungen zu den, von dir angekreuzten Punkten passen und versuche sie ins Positive zu transformieren, wie oben beschrieben. Achte auf dich und deine Gesundheit. Nur wenn es dir gutgeht, wird es auch deinem Umfeld gutgehen.

6-8 Punkte: Dein Perfektionismus ist wahrscheinlich ziemlich ausgeprägt und du fühlst dich wahrscheinlich nur glücklich, wenn du alles selber machst und es dir gelingt. Versuche milder mit dir zu sein. Fehler bringen uns voran und gehören zum Leben dazu. Gib Dinge ab und überlege, dir was dir Spaß macht und dir Entspannung bringt. Baue das bewusst in dein Leben ein. Finde heraus, welche Grundüberzeugungen dich antreiben und versuch sie aufzulösen, wie oben im Artikel beschrieben. Wenn du unter Erschöpfungszuständen, Schlafstörungen, Angstzuständen etc. leidest, hole dir unbedingt bei einem Facharzt Hilfe.

Arbeit an den Grundeinstellungen

Wenn du an deinen innersten Überzeugungen arbeiten möchtest, findest du hier ein paar Affirmationen, die dir helfen können, deine negativen Glaubenssätze ins Positive zu drehen.

  • Ich bin gut so, wie ich bin.
  • Mir Hilfe zu holen, ist das Leichteste, was ich je gemacht habe.
  • Ich liebe und akzeptiere mich, auch wenn ich Fehler mache.
  • Ich bin wertvoll mit allen meinen Stärken und Schwächen.
  • Je mehr ich loslasse, desto stärker bin ich.

Mehr Tipps zur Entspannung und Stressbewältigung findest du auch in meinem Blogartikel Wie du als gestresste Mutter die Vorteile von Gelassenheit nutzen kannst.“

Kennst du schon mein aktuelles kostenloses Workbook: „3 Wege zu mehr Gelassenheit in Job und Familie“? Lade es dir hier gleich herunter und erhalte noch mehr wertvolle Tipps. Schau auch gerne auf meinem Instagram Profil unter @diecoachingstunde vorbei. Hier bekommst du tägliche Tipps und Anregungen.

Viel Spaß dabei.
Alles Liebe Franziska

Beachte:  Alle von mir zur Verfügung gestellten Inhalte und Tipps  sind Anregungen im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe, die du eigenverantwortlich für dich umsetzt. Sie ersetzen keinesfalls einen Arztbesuch oder die Inanspruchnahme therapeutischer oder psychologischer Behandlung. Sie beinhalten auch kein Heilversprechen. Der angebotene Selbst-Test stellt keine Diagnose dar, sondern kann dir Hinweise geben, inwiefern du perfektionistisch veranlagt bist. Wenn du körperliche oder geistige Beschwerden an dir feststellst, suche bitte eine Ärztin oder Therapeutin auf.

 

Das könnte dich auch interessieren: